Der OSWV hat zum vorliegenden Entwurf zur Sammelnovelle der Neuregelung der Vergnügungssteuern in Vorarlberg im Sinne seiner Mitglieder und der Wettbranche an die zuständige Landesregierung in Bregenz folgende Stellungnahme offiziell und fristgerecht am 10.03.2020 abgegeben.
STELLUNGNAHME:
Der OSWV repräsentiert mit einem Anteil von rund 85 % aller stationären österreichischen Wettunternehmen das Gros der Wettbranche. Die Auswahl und ständige interne Prüfung seiner Mitglieder erfolgt nach strengsten Kriterien, insbesondere im Hinblick auf die Implementierung geeigneter Standards zur Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierungsprävention, des Spieler- und Jugendschutzes. Die nachstehende Stellungnahme bezieht sich daher ausschließlich auf die für Wettterminals relevanten Bestimmungen der aktuellen Entwürfe zur Neuregelung.
- Umfang der geplanten Neuregelung
Derzeit ist das Gesetz über die Einhebung einer Kriegsopferabgabe im Lande Vorarlberg (Kriegsopferabgabegesetz) idF LGBl 39/2018 in Kraft. Den erläuternden Bemerkungen ist zu entnehmen, dass die Zahl der aus Kriegsopferabgabe Begünstigten mittlerweile so weit abgesunken ist, dass eine weitere Einhebung nicht mehr erforderlich ist. Auch die Bezeichnung ist nicht mehr zeitgemäß und schafft eine (vermeidbare) innere Distanz zu den Abgabepflichtigen. Der OSWV unterstützt daher die Reformierung dem Grunde nach.
Gleichzeitig soll das Gesetz über die Erhebung einer Gemeindesteuer vom Aufwand für Vergnügungen (Gemeindevergnügungssteuergesetz) idF LGBl 12/2012 um den Tatbestand „Aufstellen oder den Betrieb von Wettterminals (…)“ erweitert werden.
- Kompetenzrechtliche Bedenken
Beide Neuregelungen sind gesondert zu beurteilen:
Kompetenzrechtliche Grundlage für die Schaffung eines Wettterminal- und Glücksspielgeräteabgabegesetz ist nach den erläuternden Bemerkungen das sog. Abgabenerfindungsrecht der Länder, weil kein Tatbestand des FAG, insbesondere nicht § 16 Abs 1 Z 7, Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) ohne Zweckwidmung des Ertrages, erfüllt ist. Eine Lustbarkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des VfGH nur dann vor, wenn unmittelbar an das Auslösen eines Lustbarkeitsgefühls angeknüpft wird, dh im gegenständlichen Kontext an den Wettabschluss. Auf das Aufstellen oder der Betrieb eines Wettterminals trifft dies aber nicht zu.
Maßgeblicher Steuergegenstand ist das Aufstellen oder der Betrieb eines Wettterminals. Auffällig dabei bleibt, dass die Schaffung eines Wettterminal- und Glücksspielgeräteabgabegesetz gleichzeitig und im Gesamtpaket mit der Änderung des Gemeindevergnügungssteuergesetz erfolgen soll, welches jedoch sehr wohl in § 16 Abs 1 FAG begründet ist.
Der Landesgesetzgeber gibt klar zu erkennen, dass die beiden Normen eine gedankliche Einheit bilden. Diese Vermengung ist aus Sicht des OSWV verfassungsrechtlich bedenklich, weil die Gefahr der Aufhebung durch den VfGH ab initio besteht.
Die Erweiterung des Gemeindevergnügungssteuergesetzes um den Tatbestand „Aufstellen oder den Betrieb von Wettterminals (…)“ schafft eine Lustbarkeitsabgabe auf Etwas, das geradezu keine Lustbarkeit darstellt. Der Landesgesetzgeber selbst führt dies in den erläuternden Bemerkungen eingangs aus, begnügt sich dann aber damit, die Erweiterung als „deklarativ“ zu beschreiben und auf die bisherige – eigene – Interpretationspraxis rechtfertigend hinzuweisen. Dies ist ebenso kompetenzwidrig wie unverständlich, wenn man bedenkt, dass über viele Jahre hinweg auch für die Tätigkeit des Vermittelns von Wettkunden zu einem Buchmacher/Totalisator zwecks Wettabschluss kompetenzwidrig bundesrechtliche Gewerbeberechtigungen ausgestellt wurden. Eine langjährige Behördenpraxis vermag eine Kompetenzwidrigkeit nicht zu heilen!
Weiters scheint die Einführung einer pauschalen Steuer in Höhe von EUR 700,– pro Wettterminal /Kalendermonat in § 6 Abs 1 Gemeindevergnügungssteuergesetz verfassungsrechtlich problematisch und legistisch verfehlt. Kompetenzgrundlage kann denkmöglich nur § 16 Abs 1 Z 9 FAG, Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) ohne Zweckwidmung des Ertrages, sein. Gem § 17 Abs 1 Z 3 FAG sind diese „in Hundertteilen des Eintrittsgeldes“ sowie allgemein gedeckelt bis zum Ausmaß von 25% (Anm: des Eintrittsgeldes) auszuschreiben. Die Einführung einer pauschalen Abgabe, die unabhängig von der Inanspruchnahme des Geräts (des Eintrittsgeldes) zu leisten ist, verstößt gegen § 17 FAG.
- Höhe der Abgabe
Nach dem geplanten Wettterminal- und Glücksspielgeräteabgabegesetz beträgt die Abgabe EUR 700,– pro Wettterminal und Kalendermonat. Nach den geplanten Änderungen des Gemeindevergnügungssteuergesetzes beträgt die Steuer ebenso EUR 700,– pro Wettterminal und Kalendermonat. Pro Wettterminal und Kalendermonat ist sohin insgesamt ein Betrag in Höhe von EUR 1.400,– zu entrichten. Die Gesamtbelastung würde das Aufstellen oder den Betrieb von Wettterminals nicht nur wirtschaftlich erschweren, sondern gänzlich verunmöglichen. Der Landesgesetzgeber schafft dadurch totes Recht, zumal er selbst ausführt, dass es bereits jetzt kein bewilligtes Wettterminal im ganzen Land Vorarlberg gibt (siehe Seite 2 Pkt. 3 der erläuternden Bemerkungen). Wenngleich er schon einleitend zugibt, dass der Einsatz von Wettterminals grundsätzlich nicht erwünscht wird, findet er nicht den Mut – und wohl auch nicht die verfassungsrechtliche Möglichkeit – diesen gesetzlich zu verbieten, sondern wählt den Umweg durch Schaffung einer Erdrosselungssteuer. Dies ist in gleicher Weise unzulässig.
Der OSWV versteht zwar die Zielsetzung, durch ein hohes Steuerniveau einen Lenkungseffekt und eine generelle Verminderung von Wettterminals zu erzielen; sinnvoller wären aber Maßnahmen, die sich nicht gegen legal tätige Wettunternehmen richten, die ohnehin mit den Behörden in transparenter Weise kooperieren, sondern vielmehr eine Kanalisierungswirkung zu diesen zeitigen. Es mutet daher beinahe zynisch an, wenn in den erläuternden Bemerkungen mehrfach das „kriminelle Milieu“ und „erhebliche Vollzugsprobleme“ ins Treffen geführt werden, die geplanten Maßnahmen aber primär auf den legalen Markt abzielen. Illegal Tätige wird die Höhe der Abgabe kaum abschrecken. Die Wettkunden werden dadurch gezielt in die Illegalität gedrängt, ohne jedwedes Schutzniveau.
Die Höhe der geplanten Abgabe ist überdies einzigartig im österreichischen Ländervergleich:
Bundesland | Rechtsgrundlage | Aktuelle Fassung | Wettterminalabgaben [EUR/Terminal/Monat] |
Wien | § 3 WWAG | LGBl 71/2018 | 350,– |
NÖ | Keine Wettterminalabgabe | ||
OÖ | § 2 Z. 2 Oö. LAbgG 2015 | LGBl.Nr. 58/2016 | Höchstens 250,– |
Burgenland | Lustbarkeitsabgabegesetz 1969 | Keine Wettterminalabgabe | |
Steiermark | § 3 StWtAG | LGBl 10/2018 | 175,– |
Salzburg | § 2 Abs. 2 Vergnügungssteuergesetz 1998 | LGBl 62/2011 | Keine Wettterminalabgabe |
Kärnten | K-VSG | LGBl 13/2013 | Keine Wettterminalabgabe |
Tirol | § 2 Abs. 4 lit. c
Tiroler Vergnügungssteuergesetz 2017 |
LGBl 87/2017
|
Höchstens 150,– |
Dadurch zeigt sich, dass die Einführung einer exorbitant hohen Steuer-/Abgabenlast weder geeignet ist, das angestrebte Ziel eines erhöhten Spieler- und Jugendschutzes zu erreichen, noch von anderen Bundesländern mitgetragen wird. Es gibt wesentlich sinnvollere und zweckentsprechendere Maßnahmen hierfür. Nebeneffekt wäre zudem, anstatt einer von Vornherein „toten“ Steuerquelle tatsächliche Mehreinnahmen lukrieren zu können, die zur Erhöhung des Spieler- und Jugendschutzes eingesetzt werden könnten.
Als Vorbild könnte hier das Land Steiermark dienen: Auch dort wurde ursprünglich eine restriktive Strategie verfolgt und eine Wettterminalabgabe in Höhe von EUR 1.100,– festgesetzt. Die Konsequenz der Regelung war, dass sie keinen praktischen Anwendungsbereich hatte; totes Recht. Im ganzen Land Steiermark gab es kein einziges registriertes Gerät, das Abgabenaufkommen war demzufolge EUR 0,–. Der steiermärkische Landesgesetzgeber erkannte dies und setzte nach Abwägung per 1.1.2018 die Wettterminalabgabe auf einen Betrag in Höhe von EUR 175,– herab. Die Materialien hierzu: „Das Steiermärkische Wettterminalabgabegesetz, mit dem das Aufstellen und der Betrieb von Wettterminals mit einer monatlichen Abgabe in Höhe von € 1.100,00 je Wettterminal besteuert werden, ist in der derzeit geltenden Fassung de facto nicht vollziehbar. Einerseits wirkt die Abgabenhöhe prohibitiv und andererseits werden rechtliche Unschärfen des Steiermärkischen Wettgesetzes 2003 genutzt, um der Abgabenpflicht zu entgehen.(…) Die Höhe der derzeit viel zu hohen Abgabe, die zur Nichtaufstellung von Wettterminals im Regime des Wettgesetzes führte, soll angepasst werden, wobei die Zahl der tatsächlich aufgestellten Wettterminals direkt von der Höhe der Abgabe abhängt und diese damit eine große Steuerungswirkung entfaltet.“ (31. Landtagssitzung, XVII. Gesetzgebungsperiode, EZ/OZ 490/19; online abrufbar unter: https://pallast2.stmk.gv.at/pallast-17-p/pub/document?ref=4c0d9bb2-a035-4067-805c-2cac95a496fa&inner=inner&dswid=-1854).
Die Herabsetzung entfaltete sofortige Wirkung: Im Jahr 2019 befanden sich rund 800 registrierte Wettterminals in der Steiermark, was einem Abgabenaufkommen von knapp EUR 1,7 Mio pro Kalenderjahr entspricht. Darüber hinaus konnten einstige Vollzugsprobleme massiv eingedämmt werden, weil die Behörde seither Kenntnis von Art und Standort der Geräte hat. Der OSWV mahnt daher eindringlich eine wirtschaftlich vertretbare Strategie ein, die der angestrebten Zielerreichung um Vieles dienlicher ist als Prohibitivmaßnahmen, die sich binnen kurzer Zeit als zahn- und anwendungslose Papiertiger entpuppen.